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Bild: mlangsen/Adobe Stock

Die Digitalisierung verändert das Immobilienmanagement grundlegend – und eine der innovativsten Entwicklungen in diesem Kontext ist die Digital Twin-Technologie. Digitale Gebäudemodelle ermöglichen es Asset Managern, ihre Immobilien nicht nur virtuell abzubilden, sondern in Echtzeit zu überwachen, zu analysieren und zu optimieren. Dabei entstehen neue Möglichkeiten, Betriebs- und Instandhaltungskosten signifikant zu senken, die Energieeffizienz zu steigern und fundierte Entscheidungen auf Basis valider Daten zu treffen. In diesem Beitrag beleuchten wir, wie digitale Zwillinge konkret funktionieren, welche Potenziale sie für das Asset Management bieten – und warum sie mehr als ein vorübergehender Technologietrend sind.

Was ist die Digital-Twin-Technologie?

Die Digital Twin-Technologie basiert auf der Idee, ein physisches Objekt – in diesem Fall ein Gebäude – digital zu spiegeln und dessen Zustand, Verhalten und Prozesse in Echtzeit darzustellen. Der digitale Zwilling ist dabei weit mehr als ein statisches 3D-Modell: Er wird kontinuierlich mit Daten aus Sensoren, IoT-Geräten und Managementsystemen gespeist, wodurch ein dynamisches, datengestütztes Abbild des Gebäudes entsteht. So lassen sich nicht nur Strukturen und Anlagen simulieren, sondern auch Betriebsabläufe, Nutzerverhalten und Energieflüsse analysieren. Durch diese Verbindung von virtueller Darstellung und realer Gebäudenutzung eröffnen sich Asset Managern neue Möglichkeiten zur Überwachung, Wartung und strategischen Steuerung ihrer Immobilien – auf einer deutlich präziseren und interaktiveren Ebene als mit herkömmlichen Tools.

Echtzeit-Überwachung und Analyse

Ein zentraler Aspekt der Digital Twin-Technologie liegt in der Möglichkeit zur Echtzeit-Überwachung von Gebäuden. Durch die Integration von IoT-Sensoren – beispielsweise zur Erfassung von Temperatur, Feuchtigkeit, Energieverbrauch oder mechanischen Belastungen – entsteht ein kontinuierlicher Datenstrom, der im digitalen Zwilling verarbeitet wird. Asset Manager erhalten dadurch ein exaktes, aktuelles Bild über den Zustand und das Verhalten jeder einzelnen Komponente im Gebäude. Diese Transparenz erlaubt es, Abweichungen vom Normalbetrieb unmittelbar zu erkennen – etwa einen plötzlichen Anstieg des Stromverbrauchs in einem bestimmten Gebäudeteil oder ungewöhnliche Schwingungen in einem Aufzugssystem.

Besonders wertvoll ist diese Technologie im Hinblick auf die vorausschauende Wartung. Statt auf eine Störung zu warten oder sich auf starre Wartungszyklen zu verlassen, ermöglicht der digitale Zwilling die präzise Vorhersage von Verschleiß oder Ausfällen. Algorithmen analysieren historische Datenmuster, vergleichen sie mit Echtzeitwerten und identifizieren frühzeitig Abweichungen, die auf einen bevorstehenden Wartungsbedarf hinweisen. So können Maßnahmen ergriffen werden, bevor es zu einem Ausfall kommt – was nicht nur Ausfallzeiten und Kosten reduziert, sondern auch die Betriebssicherheit und Zufriedenheit der Nutzer deutlich erhöht.

Vorteile der Digital-Twin-Technologie

Die Digital-Twin-Technologie zeichnet sich durch eine Reihe von Vorteilen aus. Hervorzuheben sind dabei vor allem die folgenden.

1. Genaue Überwachung des Gebäudezustands

Durch kontinuierliche Datenerfassung aus dem Betrieb liefert der digitale Zwilling ein stets aktuelles Bild des technischen und baulichen Zustands – ideal für fundierte Entscheidungen.

2. Früherkennung von Störungen und Abweichungen

Anomalien im Energieverbrauch oder in der Anlagennutzung lassen sich frühzeitig identifizieren, bevor sie zu kostenintensiven Schäden führen.

3. Optimierung der Wartungsintervalle

Wartungen erfolgen nicht mehr starr nach Kalender, sondern bedarfsgerecht – was Ressourcen spart und Ausfallzeiten reduziert.

4. Effizienzsteigerung im Betrieb

Digital Twins helfen, Betriebsabläufe zu analysieren und ineffiziente Prozesse aufzudecken, etwa durch Vergleich von Soll- und Ist-Werten.

5. Geringere Betriebskosten durch gezielte Maßnahmen

Kombination aus Echtzeitdaten und präzisen Analysen ermöglicht es, gezielt dort zu investieren, wo der höchste Nutzen entsteht.

6. Unterstützung bei strategischen Entscheidungen

Langfristige Investitionen und Portfoliostrategien können durch die Auswertung historischer und aktueller Gebäudedaten datenbasiert optimiert werden.

Integration von Digital Twin in bestehende Gebäude-Management-Systeme

Die Integration von Digital Twin-Technologie in bestehende Gebäude-Management-Systeme (GMS) ist ein entscheidender Schritt für Asset Manager, um den vollen Nutzen der Digitalisierung auszuschöpfen. Dabei kommt es vor allem auf die Interoperabilität an: Der digitale Zwilling muss nahtlos mit vorhandenen Systemen wie CAFM-Software, Energiecontrolling-Plattformen oder IoT-Infrastrukturen kommunizieren können. Offene Schnittstellen (APIs) und standardisierte Datenformate sind hier essenziell. Die größte Herausforderung besteht oft in der Zusammenführung heterogener Datenquellen – gerade bei älteren Bestandsgebäuden. Dennoch lohnt sich die Integration: Sie schafft ein konsolidiertes Informationssystem, das alle relevanten Betriebs-, Wartungs- und Nutzungsdaten in einem zentralen Modell bündelt – die Grundlage für datengetriebene Effizienzsteigerungen im gesamten Asset Management.

Datenbasierte Entscheidungsfindung und Performance-Tracking

Digital Twins bieten Asset Managern ein leistungsfähiges Instrument zur datenbasierten Entscheidungsfindung. Indem sie Betriebs- und Verbrauchsdaten kontinuierlich sammeln, analysieren und visualisieren, ermöglichen sie fundierte Rückschlüsse auf die Performance einzelner Gebäude oder ganzer Portfolios. Beispielsweise lassen sich über längere Zeiträume hinweg Muster im Energieverbrauch, in der Flächenauslastung oder bei Wartungskosten erkennen – und gezielt optimieren. Die gewonnenen Erkenntnisse fließen direkt in Investitionsentscheidungen ein: Welche Maßnahmen lohnen sich energetisch und wirtschaftlich? Wo liegen versteckte Effizienzpotenziale? Welche Objekte entwickeln sich unterdurchschnittlich und bedürfen einer strategischen Neuausrichtung?

Darüber hinaus lassen sich mit Digital Twins individuelle Kennzahlen (KPIs) definieren und über Dashboards in Echtzeit verfolgen – etwa Energieintensität pro Quadratmeter, Ausfallzeiten technischer Anlagen oder Wartungsaufwand pro Objekt. Diese Transparenz schafft die Voraussetzung für ein agiles und faktenbasiertes Portfolio-Management. Statt reaktiv auf Probleme zu reagieren, können Asset Manager Trends antizipieren und ihre Strategie dynamisch anpassen. Das Ergebnis ist nicht nur eine verbesserte operative Effizienz, sondern auch ein strategischer Mehrwert: bessere Planbarkeit, zielgerichtete Ressourcenallokation und eine klarere Kommunikation mit Investoren.