Seite wählen

Bild: Nikki AI/Adobe Stock

Bestandsimmobilien mit stabilen Cashflows gelten oft als Rückgrat eines ausgewogenen Immobilienportfolios – sie bieten planbare Erträge, geringe Volatilität und ein solides Risikoprofil. Doch gerade in einem sich wandelnden Marktumfeld stellt sich zunehmend die Frage, ob das Halten solcher Objekte immer die beste strategische Entscheidung ist. Der Verkauf kann – trotz laufender Einnahmen – in vielen Fällen wirtschaftlich sinnvoller sein, etwa wenn Marktwerte Spitzen erreichen, Kapital für attraktivere Investitionen freigesetzt werden kann oder bevor regulatorische Risiken und Instandhaltungskosten den Wert schmälern. Die Optimierung von Exit-Strategien verlangt daher eine differenzierte Betrachtung, die über bloße Ertragsstabilität hinausgeht und Faktoren wie Marktzyklen, steuerliche Rahmenbedingungen, ESG-Anforderungen und Reinvestitionspotenziale systematisch einbezieht.

Exit-Strategien im Asset Management: Ziele und Rahmenbedingungen

Im professionellen Asset Management dienen Exit-Strategien nicht allein der Gewinnmitnahme, sondern sind integraler Bestandteil einer aktiven Portfoliosteuerung. Der Verkauf einer Immobilie kann verschiedene Ziele verfolgen: Wertrealisierung nach erfolgreicher Optimierung, Umschichtung zugunsten wachstumsstärkerer Segmente, Risikoabbau bei Objekten mit mittelfristig sinkender Performance – oder auch eine gezielte Bilanzkosmetik. Ein stabiler Cashflow ist dabei kein Ausschlusskriterium für einen Verkauf, sondern lediglich ein Aspekt unter vielen. Viel entscheidender ist die Frage, ob das Objekt mittel- und langfristig weiterhin zur übergeordneten Strategie des Portfolios passt.

Gleichzeitig müssen Asset Manager eine Vielzahl an Rahmenbedingungen berücksichtigen, bevor eine Exit-Entscheidung getroffen wird: Haltefristen, steuerliche Effekte, Marktpositionierung, Anlegerinteressen und das aktuelle Transaktionsumfeld spielen ebenso eine Rolle wie interne Kapitalbedarfe oder ESG-Risiken. Erfolgreiche Exit-Strategien sind daher selten spontane Einzelentscheidungen, sondern das Ergebnis einer vorausschauenden Planung, die operative Performance, Marktbewegungen und strategische Zielsetzungen in Einklang bringt.

Marktzyklische Überlegungen: Der richtige Zeitpunkt im Immobilienzyklus

Der Wert einer Immobilie ist nicht statisch, sondern unterliegt marktwirtschaftlichen Schwankungen, die stark vom jeweiligen Zyklus im Immobilien- und Kapitalmarkt abhängen. In Hochphasen mit hoher Nachfrage, sinkenden Renditen und steigenden Verkaufspreisen kann ein Verkauf trotz laufender stabiler Cashflows deutlich attraktiver sein als das weitere Halten. Gerade institutionelle Käufer akzeptieren in solchen Phasen teils aggressive Bewertungsniveaus, was für Bestandshalter die Chance eröffnet, Bewertungsreserven zu heben und Gewinne zu realisieren, die unter anderen Marktbedingungen schwer erreichbar wären.

Umgekehrt können Asset Manager durch das Abwarten eines geeigneten Verkaufszeitpunkts auch suboptimale Ergebnisse vermeiden. Frühindikatoren wie Zinsentwicklung, Transaktionsvolumen, Kapitalzuflüsse in offene Fonds oder Veränderungen in der Mietpreisdynamik geben Hinweise darauf, ob sich der Markt seinem Zenit nähert oder bereits in der Korrektur befindet. Wer zyklische Wendepunkte früh erkennt und antizyklisch agiert, kann Exit-Strategien deutlich profitabler gestalten als Akteure, die nur auf laufende Erträge und Buchwerte blicken. Der richtige Zeitpunkt ist daher oft der entscheidende Hebel für den wirtschaftlichen Erfolg eines Verkaufs.

Opportunitätskosten: Was könnte das gebundene Kapital woanders leisten?

Ein stabiler Cashflow allein ist kein hinreichender Grund, eine Immobilie dauerhaft zu halten – vor allem dann nicht, wenn das gebundene Eigenkapital an anderer Stelle eine signifikant höhere Rendite erzielen könnte. Der Vergleich der erzielten laufenden Rendite (z. B. auf das eingesetzte Eigenkapital) mit dem potenziellen Return alternativer Investitionen offenbart oft verborgene Effizienzverluste. Gerade in einem Umfeld mit attraktiven Opportunitäten – etwa in unterbewerteten Märkten, in der Projektentwicklung oder bei ESG-konformen Repositionierungen – kann der Verkauf eines Bestandsobjekts zur Kapitalfreisetzung eine renditestärkere Allokation ermöglichen.

Zusätzlich eröffnet ein Exit auch strategischen Spielraum: Kapital kann zur Risikooptimierung eingesetzt, für Joint Ventures mobilisiert oder für nachhaltige Upgrades bestehender Portfoliobestandteile verwendet werden. Dabei gilt: Je geringer das zukünftige Wertsteigerungspotenzial der gehaltenen Immobilie eingeschätzt wird, desto höher sind die relativen Opportunitätskosten des Haltens. Ein stabiler, aber wenig dynamischer Cashflow kann in diesem Licht weniger attraktiv erscheinen als die Möglichkeit, in wachstumsstärkere oder flexiblere Assets umzuschichten – insbesondere bei einer langfristig orientierten Portfoliooptimierung.

Technischer Zustand und Instandhaltungsrisiken im Zeitverlauf

Auch wenn eine Immobilie aktuell stabile Erträge liefert, können sich im Hintergrund kostenintensive Risiken aufbauen – insbesondere bei älteren Bestandsobjekten. Technischer Verschleiß, Modernisierungsstau oder anstehende Investitionen in Heizung, Dach, Fassade oder Gebäudetechnik wirken sich nicht sofort auf die Cashflows aus, mindern aber den realen Vermögenswert und führen mittelfristig zu höheren Instandhaltungskosten. Käufer kalkulieren diese Faktoren in ihre Preisangebote ein, während Bestandshalter oft zu spät erkennen, wie stark der technische Zustand den zukünftigen Verkaufswert beeinflusst.

Darüber hinaus können neue gesetzliche Anforderungen, insbesondere im Bereich Energieeffizienz und CO₂-Emissionen, erhebliche Nachrüstpflichten nach sich ziehen. Wenn absehbar ist, dass ESG-Regulierungen oder bauliche Defizite in den kommenden Jahren umfangreiche Investitionen erfordern, kann ein frühzeitiger Verkauf wirtschaftlich sinnvoller sein als eine spätere Veräußerung mit Abschlägen. Der Exit erfolgt in diesem Fall strategisch vor dem Eintritt kostenintensiver Maßnahmen – und ermöglicht Käufern, die bereit sind, solche Risiken bewusst einzugehen, eine Neupositionierung der Immobilie.

Einfluss von Mietstruktur und Bonität auf Verkaufspotenzial

Die Mietstruktur eines Bestandsobjekts hat einen entscheidenden Einfluss auf das Verkaufspotenzial. Langfristige Mietverträge mit soliden Mietern und stabilen Mietrenditen bieten Käufern ein gewisses Maß an Planungssicherheit und sichern oft eine höhere Nachfrage nach dem Objekt. In Märkten mit niedrigen Leerstandsquoten und einer gesunden Mischung aus Mietergruppen – idealerweise mit großen, bonitätsstarken Mietern – wird das Objekt als weniger risikobehaftet und damit als attraktiver Investmentstandort wahrgenommen. Ein stabiler Cashflow, der auf verlässlichen Mieteinnahmen basiert, steigert nicht nur die Rentabilität, sondern auch die Liquidität des Objekts auf dem Markt.

Jedoch kann auch die Bonität der Mieter und deren langfristige Verlässlichkeit den Verkaufswert beeinflussen. Sinkt die Bonität der Hauptmieter oder zeigt sich eine Verschlechterung der Zahlungsfähigkeit, kann dies das Risiko für einen potenziellen Käufer erhöhen, was sich negativ auf den Verkaufspreis auswirkt. Asset Manager müssen daher auch die Dynamik der Mietverträge und potenzielle Risiken wie Mietrückstände oder bevorstehende Kündigungen mit einbeziehen, wenn sie die Entscheidung für einen Verkauf treffen. In einem Markt mit hohem Leerstand oder bei unsicheren Mieterstrukturen kann es daher sinnvoll sein, den Verkauf eines Objekts anzustreben, um eine potenzielle Wertminderung und eine Verschlechterung des Cashflows zu vermeiden.

Fazit

Die Optimierung von Exit-Strategien ist ein zentraler Bestandteil der langfristigen Wertmaximierung im Immobilienmanagement. Auch wenn Bestandsimmobilien stabile Cashflows liefern, gibt es zahlreiche Faktoren, die den Verkauf trotz laufender Erträge wirtschaftlich sinnvoll machen können – sei es durch zyklische Marktveränderungen, Kapitalallokation in renditestärkere Projekte oder durch die Minimierung von Instandhaltungsrisiken und ESG-Herausforderungen. Ein gut überlegter Verkauf, der strategische und finanzielle Überlegungen umfasst, kann den Weg für eine nachhaltige und zukunftsfähige Portfolioausrichtung ebnen. Asset Manager, die diese Elemente in ihre Entscheidungsprozesse integrieren, sichern sich nicht nur eine höhere Rendite, sondern optimieren auch die Resilienz und Performance ihrer Portfolios in einem dynamischen Marktumfeld.